Mittwoch, 13. Mai 2009

Return to Thunder Mountain


Der Sommer hat auch sein gutes. Nachdem ich mich vermehrt über diese Jahreszeit entrüstet habe, muss ich zugeben, dass man viele Dinge am besten bei sonnigem Wetter macht. Rumballern, zum Beispiel. Zugegeben, der Staat New York stellt sich mit Schusswaffen etwas weinerlich an. Was würden wir da ohne den netten Nachbarn westlich des Hudson River tun? New Jersey, das Brandenburg der Ostküste, bietet das geladene und entsicherte Naturerlebnis für die ganze Familie.

Die Butterbrote sicher unterm Sitz verstaut, mache ich mich mit ein paar Bekannten auf den Weg über die George Washington Bridge hinein in die Freiheit. Die Stimmung ist gut, zwei meiner Mistreiter feiern mit diesem Ausflug ihren Geburtstag. Nach einer Stunde Fahrt signalisiert ein großesformatiges gelbes Schild das nahende Ziel. Normalerweise nehme ich nur ungern Abfahrten mit Namen wie "Thunder Mountain" (selbiges gilt für "Death Valley" und "Plains of Pain"), aber das Fadenkreuz in der oberen Ecke des Verkehrszeichens erweckt mein Vertrauen.

Angekommen im Besucherzentrum der weiträumigen Anlage, fühle ich mich gleich wie zuhause. Die Einrichtung versprüht rustikalen Berghüttencharme. Das Muttchen am anderen Ende der Theke fragt ob sie uns nicht ein paar Kekse und eine Tasse Kaffee bringen kann. Ich lehne höflich ab. Kekse habe ich auch zuhause. Mit warmem Lächeln will sie wissen welche Munition es denn sein soll. Ich frage ob der Laden auch die neuen Organschredderprojektile führt, von denen man so viel im Fernsehen hört. Leider nein, aber ich könne nächstes mal gerne meine eigene Munition mitbringen, solange ich keine internationalen Menschenrechtskonventionen verletze.

Im kaminbeheizten Warteraum vergehen die Minuten bis unser Instructor eintrifft. Ich schmökere in einer älteren Ausgabe von Ducks Unlimited. Ich erfahre, dass Pine Acre Labrador Retrievers zu den beliebtesten Jagdhunden gehören, weil sich schon die Welpen das meiste selbst beibringen und alles tun um ihr Herrchen zufriedenzustellen. Also ganz anders als mit den eigenen Kindern.

Für diesen Nachmittag begnügte ich mich damit auf bewegliche orangefarbene Scheiben zu schießen. Als mir beim ersten ungeschickten Feuerversuch der Rückstoß fast das Gebiss ausschlägt, muss ich mich fragen wie so viele Amerikaner den Sommer ohne Krankenversicherung überstehen. Zwischenfälle gab es aber sonst keine. Niemand hat dem anderen ins Gesicht geschossen. Das soll ja selbst bei erfahrenen Jägern öfters mal vorkommen. Ein rundum gelungener Sonntag also.

4 haben auch 'ne meinung:

izzy hat gesagt…

wo ist jetzt eigentlich der pro-natur aspekt geblieben? jäger sind doch so große natur-fans, in touch mit ihrer essentiell menschlichen seite und so, weil sie doch in der natur chillen und so urtümlichen tätigkeiten nachgehen wie hirschgeräusche machen, fährten lesen, auf hufgetrappel lauschen, hunden komische laute zurufen, sich mit tierkacke einreiben, gegen den wind anschleichen, in blättern schlafen, jagen, töten, pulsierende herzen essen, etc. das führt uns doch in eine wahre, urtümliche, essentielle, und wahre menschlichkeit zurück, frei von dem ganzen zivilisationsmüll einschließlich unterdrückung, diskriminierung, multikulturalismus, imperialismus und, äh, H&M und schlechter indiemusic. solche wichtigen erfahrungen müssen erhalten und gerettet werden, und das geht doch nur pro-natur. deswegen ist dein neues lieblingsmagazin ducks unlimited ja auch ein so großer naturschutzfreund und wildlife conservator. aber nein, mr. alex will natürlich nur unreflektiert rumballern, dabei hätte er doch seine liebe zur natur und bergwelt damit verbinden und endlich ein ECHTER mensch und naturfreund werden können... toni morrison ist übrigens auch der meinung, dass ein mann sich bei der jagd selbst finden kann. also, seine archaische, ur-menschliche seite natürlich (siehe song of solomon). und was toni morrison sagt, gilt! also geh endlich auf die jagd, anstatt dir die bäume nur aus der ferne anzugucken und auf orangefarbene scheiben zu schießen! was für eine zivilisatorische kontaminierung des naturnahen jadg- und schießgedankens...!

mr.plow hat gesagt…

wenn sich dick cheney in gepanzertem jeep in das private jagdgebiet einfahren lässt und dort aus nächster nähe auf speziell gezüchtete enten schießen kann, diese dann auch noch verfehlt, und statt dessen in das gesicht seines freundes schießt, dann kann ich auch auf bewegliche tonscheiben schießen. die sind in ihrer freien, natürlichen wildbahn (dem schießstand) und man kann fiese splitter ins auge bekommen (gefahr!). oder eine ladung ins gesicht abkriegen, wenn man den ehemaligen vizepräsidenten kennt.

niemand reibt sich heute noch mit elchfäkalien ein, wenn er oder sie dafür nicht gerade geld vom museum of modern art bekommt. die zukunft der jagd sind "smart ducks", das sind vögel die automatisch in das maul deines retrievers fliegen und es dir ermöglichen die munition für das aufzuheben wofür sie gemacht wurde: gangwars.

Lars hat gesagt…

Da kann ich nur sagen: Gott schütze Amerika *hust! Wo würde dieses tolle Land bloß hinsteuern, wenn die Bevölkerung nicht bis an die Zähne bewaffnet wäre und schon 10jährige den gebrauch von halbautomatischen Waffen erlernen würden. Wenn king georg III. übers Meer schippert, muss man als guter amerikaner vorbereitet sein, was?! ;)) (außerdem brauch uncle sam neues Material zum verheizen...)

horst k. hat gesagt…

es kurbelt auch die wirtschaft an. vielleicht sollten wir uns in deutschland eine scheibe abschneiden.

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